die ( fast ) betrogene bank ...
der fall:
stephane ist aufgrund seiner äußerlichen eitelkeit in seinem dorf das menschgewordene pendant zum pfingstochsen. er beschließt einen ebensolchen für das pfingstfest - ähnlich geschmückt wie er - zum heraustreiben auf die sommerwiese zu stiften, um anschließend der held auf dem abendlichen schlachtfest zu sein.
gemäß dem motto << mehr schein als sein >> ist stephane allerdings finanziell weder auf pfingst- noch auf sonstige rosen gebettet und hat deswegen schon vor wochen beschlossen, einen kredit zu ergattern um den ochsen aus selbigen zu erwerben.
er stockt nun unter fälschung seiner einkommensnachweise sein eher kleines gehalt als posaunenchorleiter der ortskirche auf und geriert sich nicht nur noten- sondern auch papiermäßig zum wohlverdienenden stadtkantor.
dergestalt bestallt begibt er sich zu einer bank in der nahegelegenen großstadt und beantragt einen kredit für seinen pfingstochsen - es soll ein 500 kg schwerer charolais ochse für 1500.— sein, dem sakulären ende am grillspieß ( immerhin ist ostern an pfingsten rum ) zugeführt werden soll.
die ledige bankangestellte pierrette ist von stephanes wunsch hinsichtlich des nahezu karitativen zwecks des kredits so gerührt, daß sie vor lauter tränen in den augen die noch nasse tinte der unterschrift unter den gefälschten papieren übersieht und und mit feuchten kalbsaugen flugs den kredit genehmigt.
stephane denkt, so betrügerisch kann das gar nicht sein, denn er versteckt in seinem keller eine reliquie dritter klasse. es ist dies ein tempotaschentuch, das bei seinem besuch der grabesstätte des heiligen wolfgang ( der wiederum eine reliquie erster klasse ist ) in regensburg auf das skelett desselbigen fiel. das tempo ist deswegen nicht nur nasalen schleims ( von stephane, dem jegliche reliquienfähigkeit abgeht ) sondern auch wertbehaftet, da es von einem ( wenn auch toten ) heiligen berührt wurde.
stephane weiß überdies, daß reliquien nicht nur hoch in der gunst der gläubigen sondern auch im kurs stehen. er hat sich - trotz des verbots des reliquienhandels der katholischen kirche - bei einem kirchenabsatzstore im benachbarten ausland kundig gemacht und weiß, daß er sein tempo mit ebensolchen an einen sammelnden kleriker bringen könnte.
da er jedoch weiß, daß das finanzamt beim verkauf seines tempos eher verschnupft reagieren würde, verschweigt er gegenüber der bank diese zellstöffige kostbarkeit und zahlt den kredit brav in drei monatsraten ab.
der bankdirektor erfährt aus zufall von stephanes unchristlicher vorgehensweise und erstattet anzeige.
der staatsanwalt meint …
ich bin protestant und schon luther verachtete den (vor)reformatorischen reliquienhype.
schlimmer aber ist, daß stephane unter vorlage falscher papiere einen kredit erschlich, denn in kenntnis seiner wahren vermögensverhältnisse wäre jeder bankangestellte ein hornochse ( bzw unsere bankangestellte pierrette eine dumme kuh ), der unter diesen umständen einen pfingstöchslichen kredit genehmigt hätte.
auch wenn er diesen zurückbezahlt hat, ist es doch ein betrug nach § 263 stgb, der mit geldstrafe oder freiheitsstrafe bis zu fünf jahren bestraft werden kann. stephane hat nämlich über seine wahren vermögensverhältnisse getäuscht und damit die bank zur kreditgewährung verführt.
ganz zu schweigen von der urkundenfälschung nach § 267 stgb, die mit einem eben solchen strafmaß zu biblischen buche schlägt …
kling meint …
so einfach ist das nicht !
richtig ist, daß die bank dann getäuscht ist, wenn sie einen kredit gewährt, den sie bei kenntnis aller umstände nicht gewährt hätte.
da stephane als posaunenchorleiter ein unterer kirchlich bediensteter mit ca euro 1200.— brutto ist, ein stadtkantor allerdings mit ca euro 4200.— brutto sein kirchliches dirigentenstäbchen hält, wäre dem blechblos´nleiter ein solcher kredit nicht gewährt worden, dem filigranen und auf bach´s spuren wandelnden stadtkantor dagegen schon.
stephane´s einwand, daß er den kredit doch vollständig ohne probleme zurückbezahlt hat, spielt hier übrigens keine rolle, denn das strafrecht kennt tiefste abgründe in der verbrechensverfolgung und somit auch den begriff des vermögensgefährdungsschadens. das ist der, den die bank erlitten hätte, wenn die befriedigung des kredits im wahrsten sinne des wortes verlustig gegangen wäre.
also wäre stephane eigentlich wegen kreditbetruges in form der vermögensgefährdung strafbar.
ein schönes wort im bereich der kreativen strafverteidigung ist aber der begriff << eigentlich >>. stephane ist nämlich im besitz seines heiligen tempos. zwar kennt die bank dessen existenz nicht, aber das muß sie auch nicht. erforderlich ist nur, daß der kredit hinreichend gesichert ist, d.h., ohne zeiltichen verlust in voller höhe bedient werden kann.
da stephane seinen reliquienhändler kennt und weiß, daß er sein tempopapier jederzeit in notenpapier umtauschen kann, besteht objektiv keine vermögensgefährdung.
deshalb müßte unser staatsanwalt unter protestantischen protests bei einem glas meßwein in der benachbarten vinothek luther und wegner diese anklage im strafprozessualen reluiquienschrein begraben.
allerdings kann auch der kreativste strafverteidiger nicht immer alles richten, weshalb stephane wegen der urkundenfälschung zwar weder gekreuzigt noch am pfingstbaum aufgeknüpft, aber zu sanktionieren sein wird.
er hat nämlich eine echte urkunde ( sein gehaltsnachweis als blechbläser ) gefälscht ( aus 1200.— 4200.— gemacht ) und diese auch noch als vorlage zum erlangen des kredites gebraucht; das wiederum ist strafbar nach § 267 I 2te und 3te tatbestandsalternative.
bleibt mir gewogen …
euer kling