Sonntag, 22. September 2019

hopfen und malz verloren ...



oder das reinheitsgebot beim bier ...



der fall:

stephane ist zu besuch in münchen und muß nach vergeblichen versuch, bei pschorr am viktualienmarkt eine pfälzer schorle zu bestellen, auf bier umsteigen. das selbe passierte ihm im hofbräuhaus, im augustiner und beim paulaner, so daß er - am marienplatz über einen spaten stolpernd - nach dem Xten bier gefallen an der hopfenlösung fand.

wieder zu hause beschließt er deswegen nach seinem besuch, es nun selbst mit dem bierbrauen zu versuchen. flugs gründet er seine eigene kleine privatbrauerei << hop and malt lost  >>.

cole porter hörend, will er sich an stout bier versuchen und braut fröhlich in seiner küche vor sich hin. viel geröstete gerste und wenig wasser lassen sein jungbrauer herz schlagen und schon bietet er es auf dem abendlichen straßenfest für wenig geld feil.

pierrette, eine leidenschaftliche berlinerin, die eher das selbige weiße gewohnt ist, will ihre dunklen gedanken mit einem ebensolchen bier vertreiben. stephane´s selbsterfundene methode des bierabfüllens versieht selbiges mit einer nicht unerheblichen menge an kohlendioxid - dies wiederum verursacht eine gewaltige schaumkrone - die die genossene wahre biermenge zu veschleiern vermag; auf deutsch: pierrette ist es bald hundeelend und sie schwankt blubbernden bauches richtung blau weiß karierter bettdecke ...

sie erinnert sich am nächsten morgen, daß schon im mittelalter schlecht gebrautes bier zu halluzinationen führte und zeigt deswegen den stephane an, weil er sich offensichtlich nicht an die regeln der braukunst gehalten hat.

der staatsanwalt meint:

oh ja, da hat die pierrette recht. stephane muß sich an die bierverordnung von 2005 halten. und danach kann nicht jeder sein eigenes süppchen kochen, bzw bier brauen ! und außerdem wittere ich hier eine steuerhinterziehung, denn einfach so das bier auf dem straßenfest verkaufen, geht schon mal gar nicht und wie wie schnell wird aus obergärig ein obergierig ! 

kling sagt:

so einfach ist das nicht !

tatsächlich war das bier schon im frühen mittelalter eine art volksgetränk, das im wesentlichen aus gerste, hopfen und wasser bestand.

aber eben nur im wesentlichen, so daß sich mancherlei geschmacksstoffe ins völkische gesöff verirrten ( zB ochsengalle, stechapfel, Schafsgarbe und - ganz trendy im mittelalter - das bilsenkraut ). kein wunder, daß sich mancher biertrinker schon nach dem ersten glas im bierwana fand ... 

zwar hat schon kaiser barbarossa 1156 in seiner rechtsverordnung für die stadt augsburg verfügt ... wenn ein bierschenker schlechtes bier macht oder ungerechtes maß gibt, so soll er gestraft werden ..., aber so richtig ernst wurde es für die brauende zunft erst 1516, als des herzogs ihr´n wilhelm erklärte, ... wie das bier im sommer und winter auf dem land ausgeschenkt und gebraut werden soll ...

mit diesen schäumenden worten nämlich wurde im bayuwarischen ingolstadt die älteste bis heute geltende lebensmittelgesetzgebung der welt verfügt, das reinheitsgebot ( des bieres ). und da heißt es nunmal, daß bier NUR aus wasser, hopfen und gerste bestehen darf ( malz ist übrigens gemälzte und geschrotene gerste ). mal davon abgesehen, daß für weißbier auch weizen verwandt werden darf, gilt diese grundregel bis heute.

im laufe der jahrhunderte ging zwar immer wieder  hopfen und malz verloren, aber letzten endes hat man sich im 19ten jahrhundert wieder auf diese grundlagen besonnen, so daß zunächst aus dem vorläufigen biergesetz 1993 das bierStG wurde, das dann 2005 in die bierVO überging - und da steht, wie´s gebraut werden soll ( womit wir wieder bei siehe oben sind ).

bier muß deswegen nach den normen der bierVO gebraut werden. ausnahmen sind ( bis auf - natürlich - bayern und baden württemberg als brauereistärkste bundesländer ) nach entsprechenden antrag möglich. für importiertes oder exportiertes bier gilt die bierVO zwischen eingeschränkt und gar nicht. 

und was hat das jetzt mit stephane und seiner dunkelbräuigen schönheit zu tun ?

wer cole porter kennt, weiß natürlich, daß er nicht der braumeister des porter ( bieres ) war. porter war das arme leute bier im england des 18. jahrhunderts. wer etwas auf sich hielt, bevorzugte die << stärkere >> und gesellschaftsfähigere version des stout bieres, eben so wie es unser stephane gebraut hat, nämlich geröstete gerste mit wenig wasseranteil. und dies steht zunächst in übereinstimmung mit dem reinheitsgebot ( tatsächlich hat übrigens ausgerechnet eine bayrische brauerei ein stout bier gebraut, welches vernichtet werden mußte, weil es milchzucker enthielt ).

und selbstverständlich darf stephane sein eigenes bier brauen. da er dieses bier handwerklich, unabhängig von einer großbrauerei und nur in kleinen mengen erzeugt, handelt es sich um sogenanntes craft bier ( wobei bei stephane möglicher weise die dem regulären craft bier innenwohnende hochwertigkeit abgeht ). aber die hochwertigkeit ist kein bestandteil der bierVO und somit kein straftatbestand.

und was die besteuerung betrifft, so entfällt die biersteuer bei hobbybrauern für die ersten 200 liter ( pro jahr ) und damit auch für unseren stephane. zwar hat er vergessen, seine brautätigkeit gegenüber dem zollamt anzuzeigen, aber das hat unser staatsanwalt als alkoholfreier biertrinker übersehen und außerdem wäre es auch nur eine ordnungswidrigkeit.

bleibt mir gewogen ...
euer kling