Sonntag, 24. November 2019

die poserin in der ente



eine ente, eine poserin und die straflose anstiftung zur selbstbezichtigung

der fall:

seit dem tod des schauspielers paul walker als undercover ermittler brian o´connor in der tuning- & poserszene bewirbt sich pierrette für jede neue folge um die weibliche hauptrolle in der jeweiligen fortsetzung von << the fast and the furious >> bewerben.

da schon inspector columbo mit seinem peugeot 403 cabrio filmgeschichte schrieb, denkt sie sich, daß auch ihr citroen 2 cv alias die ente als französisches flair der serie gut zu gesicht stehen würde und beschließt, vor dem casting nachts einige proberunden zu drehen - selbstverständlich will sie auch die interessierte öffentlichkeit daran teilhaben lassen und cruist des nächstens durch die stadt ...

dabei wird sie wegen unterschreitens der mindestgeschwindigkeit von einem stationären blitzer erfaßt, gerät in den verdacht einer ordnunsgwidrigkeit und erhält zwei tage später einen fragebogen mit einem - wie sie meint - unvorteilhaften photo.

sie wendet sich an ihren anwalt stephane, der ihr einen interessanten vorschlag macht - er rät, den bogen von ihrer ihr ähnlich sehenden freundin mia toretto ausfüllen zu lassen.

wenn diese dann den bußgeldbescheid erhält, wird er gegen diesen für die mia einspruch einlegen und mitteilen, daß in wahrheit pierrette die fahrerin war - das verfahren gegen mia müßte man dann einstellen und das gegen die pierrette wäre verjährt.

pierrette folgt dem rat des stephane, wobei auch die anwaltlich vorhergesehenen rechtsfolgen eintreten ( einstellung zum einen und verjährung zum anderen ).

der staatsanwalt meint ...

oh mamma mia, was ein jämmerlicher anwaltstrick - zwar hat der anwalt der pierrette geholfen, aus der sache herauszukommen, aber sich damit selbst in´s knie geschossen, denn mit dieser vorgehensweise hat er entweder zu einer straftat nach § 164 II stgb ( falsche verdächtigung ) oder § 145 d II 1 ( also § 145 d absatz 2 nummer 1 = vortäuschen straftat ) angestiftet.

auch das ist nach § 26 stgb ( anstiftung ) strafbar - ein anstifter ist der, der einen anderen zum begehen einer straftat bestimmt und deswegen, mein lieber anwalt stephane, erhebe  ich gegen dich anklage ...


kling sagt ...

so einfach ist das nicht !

der § 164 II stgb verlangt, daß ein << anderer >> falsch verdächtigt wird.

hier hat die mia aber selbst - wenn auch wahrheitswidrig - in dem fragebogen angegeben, daß sie die ente fuhr. dies mag zwar anrüchig erscheinen, ist aber nicht strafbar.

damit fehlt es an einer straftat im sinne des § 164 II stgb und deswegen kann sich der anwalt hier nicht strafbar gemacht haben ...

bliebe noch der § 145 d II 1 stgb - das vortäuschen einer straftat.

was eine straftat überhaupt ist, steht auch in unserem strafgesetzbuch, nämlich in § 11 I nr 5 - danach sind straftaten ( laienhaft gesprochen ) nur solche, die in dem stgb erfasst sind.

hier geht es jedoch um eine ordnungswidrigkeit ( also einem rotlichtverstoß ) und die steht eben gerade nicht im strafgesetzbuch. damit fehlt es aber auch hier an einer rechtswidrigen tat im sinne des § 145 d II 1 stgb.

rein theoretisch könnte stephane als ratgebender anwalt auch deswegen verfolgt werden, weil er vielleicht die tat durch einen andere, nämlich die mia als << werkzeug >> beging.

ohne die hier vielfältige rechtsprechung zitieren zu wollen, wird dies daran scheitern, weil stephane letzten endes keine tatherrschaft im sinne einer beeinflussung der mia inne hatte ( und das sage nicht ich, sondern die rechtsprechung und literatur ).

eher exotisch war ein versuch des olg stuttgart vor wenigen jahren, den anwalt über ein unterlassungsdelikt dran zu bekommen.

der anwalt hätte ja jederzeit ( und damit auch frühzeitig ) gegenüber der bußgeldstelle den wahren täter benennen können.

dies hätte aber zur konsequenz, daß jeder, der eine tat eines anderen verhindern kann und dies nicht tut, ebenfalls zum täter wird. diese auffassung fristet heute die existenz eines nebensatzes in einem strafrechtskommentar.

für unseren anwalt stephane jedenfalls bedeutet dies, daß der kling die eröffnung des hauptverfahrens aus rechtlichen gründen verhindern konnte ...

übrigens - wie sich die pierrette als poserin strafbar hätte machen können wollen wir in einem anderen post überprüfen.

das posen im straßenverkehr gibt es übrigens schon seit den 50er jahren und wurde von den amerikanischen teens an der atlantikküste erfunden.

damals hieß es allerdings noch << cruisen >> und diente dazu, LANGSAM an staunenden passanten vorbeizufahren und COOL mit dem auto auf sich aufmerksam zu machen - ist heute ein bisserl anders, gell ?

für unserer pierrette verbleibt aber in diesem fall der hinweis, daß sie mit ihrer ente nicht die lärmgrenze von 120 dezibel zur körperverletzung überschritten hätte und allenfalls wegen unnützen hin- und herfahrens nach § 30 I 3 stvo hätte belangt werden können ( macht dann bitte € 20.-- ) ...


bleibt mir gewogen
euer kling



  


Sonntag, 17. November 2019

pectus criminale, oder - warum schweigen im strafverfahren gold ist ...




der fall:

stephane ist mit den nerven runter ! gerade am briefkasten stehend fand er dort den lang ersehnten anonymen umschlag, der allerdings statt des erwarteten beate uhse kataloges eine vorladung zur anhörung als beschuldigter bei der örtlichen polizeidienststelle enthielt.

er geht davon aus, daß diese auf einer strafanzeige seiner nachbarin pierrette fußt, der er gerne ab und an im waschmaschinenraum des gemeinsamen mietshauses einen schlüpfer aus deren wäschekorb entwendet, um sich daran in bettlägerischer abgeschiedenheit zu ergötzen.

zwar hat ihn pierrette noch nie bei seinem schlüpfrigen tun erwischt, sie glaubte aber schon mehrfach auf stephane´s wäscheleine ihre zum trocknen aufgehängten nachgebrauchshorts entdeckt zu haben. als sie - schwerbepackt mit dessous - stephane mit rotem kopf im wäschekeller entdeckt, stellt sie ihn zur rede, wirft ihm schwerwiegende einzelteile aus dem prallgefüllten wäschekorb hinterher und droht mit anzeige wegen diebstahls.

von mehreren - im normalfall ebenso prallgefüllten - schweren büstenhalter getroffen ein halswirbelsäulensyndrom davongetragen habend ( und insoweit zwar persönlich nicht den D-Day, aber das D-Körbchen erlebt zu haben )  geht stephane allerdings davon aus, daß pierrette ihre drohung nicht wahr macht.

wider erwarten dergemäß enttäuscht schämt er sich und beschließt, den termin bei der polizei nicht wahrzunehmen. vielleicht wird das verfahren ja gar nicht fortgeführt und pierrettes griff in das körbchen der strafbarkeit geht ins leere …

die dralle sachbearbeiterin bei der polizei legt deswegen den vorgang zur entscheidung nach aktenlage beim staatsanwalt vor.

der staatsanwalt meint …

ich bin kürzlich vom urlaub am meerbusen der adria zurückgekehrt. brüskiert von stephanes schweigen muß ich davon ausgehen, daß dessen schweigen ein eingeständnis seiner schuld ist. also wird er wegen <<trieb>>diebstahls zu sanktionieren sein …

kling sagt …

so einfach ist das nicht !

ich lehne mich mal entspannt an pierrette´s wohlgeformten busen und lasse die paragraphen aus der strafprozeßordnung weg ( wenn du es lieber hart magst, dann lies §§ 160, 136 I 2, 163a II 2 StPO - aber glaube mir, ich liege besser ).

richtig ist jedenfalls, daß die staatsanwaltschaft die << herrin >> des verfahrens ist und den der strafanzeige zu grunde liegenden sachverhalt erforschen muß.
die polizei arbeitet der staatsanwaltschaft zu, hat aber keine eigene entscheidungskompetenz. selbst wenn der polizeibeamte stephane´s affinität zu pierrette´s dessous nachvollziehen kann, muß er den vorgang unserem busenfreund, dem staatsanwalt, vorlegen.

der entschluß, sich nicht zur sache einzulassen ( jaaaa, so nennen wir strafverteidiger das ) darf aber nicht dazu führen, daß man hier nachteilige schlüsse zieht und davon ausgeht, der beschuldigte hätte etwas zu verbergen ( tatsächlich darf er sogar lügen ! - ein privileg, das ansonsten nur noch kindern und betrunkenen zugestanden wird ).
wenn also unser schwachbrüstiger staatsanwalt keinerlei weiteren hinweise hat, kann er den stephane nur aufgrund seines schweigens nicht zur anklage bringen.

deswegen der rat des strafverteidigers:
- schweigen ist gold
- wer früher spricht, sitzt länger

und wenn man doch etwas sagen sollte, dann höre auf den rat deines verteidgers

bleibt mir gewogen
euer kling