Sonntag, 31. Mai 2020

pfingstochsen und andere heilige ...



der fall:

stephane ist aufgrund seiner äußerlichen eitelkeit in seinem dorf das menschgewordene pendant zum pfingstochsen.

er beschließt einen ebensolchen für das pfingstfest - ähnlich geschmückt wie er - zum heraustreiben auf die sommerwiese zu stiften, um anschließend der held auf dem abendlichen schlachtfest zu sein.

gemäß dem motto << mehr schein als sein >> ist stephane allerdings finanziell weder auf pfingst- noch auf sonstige rosen gebettet und hat deswegen schon vor wochen beschlossen, einen kredit zu ergattern um den ochsen aus selbigen zu erwerben.

er stockt nun unter fälschung seiner einkommensnachweise sein eher kleines gehalt als posaunenchorleiter der ortskirche auf und geriert sich nicht nur noten- sondern auch papiermäßig zum wohlverdienendnen stadtkantor.

dergestalt bestallt begibt er sich zu einer bank in der nahegelegenen großstadt und beantragt einen kredit für seinen pfingstochsen - es soll ein 500 kg schwerer charolais ochse für 1500.— sein, der dem sakulären ende ( immerhin ist ostern an pfingsten rum ) zugeführt werden soll.

die ledige bankangestellte pierrette ist von stephanes wunsch hinsichtlich des nahezu karitativen zwecks des kredits so gerührt, daß sie vor lauter tränen in den augen die noch nasse tinte der unterschrift unter den abgefälschten papieren übersieht und und mit feuchten kalbsaugen flugs den kredit genehmigt.

stephane denkt, so betrügerisch kann das gar nicht sein, denn er versteckt in seinem keller eine reliquie dritter klasse.

es ist dies ein tempotaschentuch, das bei seinem besuch der grabesstätte des heiligen wolfgang ( der wiederum eine reliquie erster klasse ist ) in regensburg auf das skelett desselbigen fiel.

das zellstöffliche tempo ist deswegen nicht nur nasalen schleims ( von stephane, dem jegliche reliquienfähigkeit abgeht ) sondern auch wertbehaftet, da es von einem ( wenn auch toten ) heiligen berührt wurde.

stephane weiß überdies, daß reliquien nicht nur hoch in der gunst der gläubigen sondern auch im kurs stehen.

er hat sich - trotz des verbots des reliquienhandels der katholischen kirche - bei einem kirchenabsatzstore im benachbarten ausland kundig gemacht und weiß, daß er sein nahezu heiliges tempo mit ebensolchen an den kleriker bringen könnte.

da er jedoch weiß, daß das finanzamt beim verkauf seines tempos eher verschnupft reagieren würde, verschweigt er diese zellstöffige kostbarkeit und zahlt den kredit brav in drei monatsraten ab.

der bankdirektor erfährt aus zufall von stephanes unchristlicher vorgehensweise und erstattet anzeige.

der staatsanwalt meint …

ich bin protestant und schon luther verachtete den (vor)reformatorischen reliquienhype.

schlimmer aber ist, daß stephane unter vorlage falscher papiere einen kredit erschlich, denn in kenntnis seiner wahren vermögensverhältnisse wäre jeder bankangestellte ein hornochse, der unter diesen umständen einen pfingstöchslichen kredit genehmigt hätte.

auch wenn er diesen zurückbezahlt hat, ist es doch ein betrug nach § 263 stgb, der mit geldstrafe oder freiheitsstrafe bis zu fünf jahren bestraft werden kann.

ganz zu schweigen von der urkundenfälschung nach § 267 stgb, die mit einem eben solchen strafmaß zu biblischen buche schlägt …

kling meint …

so einfach ist das nicht !

richtig ist, daß die bank dann getäuscht ist, wenn sie einen kredit gewährt, den sie bei kenntnis aller umstände nicht gewährt hätte.

da stephane als posaunenchorleiter ein unterer kirchlich bediensteter mit ca euro 1200.— brutto ist, ein stadtkantor allerdings mit ca euro 4200.— brutto sein kirchliches dirigentenstäbchen hält, wäre dem blechblos´nleiter ein solcher kredit nicht gewährt worden, dem filigranen und auf bach´s spuren wandelnden stadtkantor dagegen schon.

stephane´s einwand, daß er den kredit doch vollständig ohne probleme zurückbezahlt hat, spielt hier übrigens keine rolle, denn das strafrecht kennt tiefste abgründe in der verbrechensverfolgung und somit auch den begriff des vermögensgefährdungsschadens.

das ist der, den die bank erlitten hätte, wenn die befriedigung des kredits im wahrsten sinne des wortes verlustig gegangen wäre.

also wäre stephane eigentlich wegen kreditbetruges in form der vermögensgefährdung strafbar.

ein schönes wort im bereich der strafverteidigung ist aber der begriff << eigentlich >>. 

stephane ist nämlich im besitz seines heiligen tempos.

zwar kennt die bank dessen existenz nicht, aber das muß sie auch nicht. erforderlich ist nur, daß der kredit hinreichend gesichert ist, d.h., ohne zeitlichen verlust in voller höhe bedient werden kann.

da stephane seinen reliquienhändler kennt und weiß, daß er sein tempopapier jederzeit in zahlungskräftiges notenpapier umtauschen kann, besteht objektiv keine vermögensgefährdung.

deshalb müßte unser staatsanwalt unter protestantischen protests bei einem glas meßwein im benachbarten luther und wegner diese anklage im strafprozessualen reluiquienschrein begraben.

allerdings kann auch der kreativste strafverteidiger nicht immer alles richten, weshalb stephane wegen der urkundenfälschung zwar nicht zu kreuzigen, aber zu sanktionieren sein wird.

er hat nämlich eine echte urkunde ( sein gehaltsnachweis als blechbläser ) gefälscht ( aus 1200.— 4200.— gemacht ) und diese auch noch gebraucht ( vorlage zum erlangen des kredites ); das wiederum ist strafbar nach § 267 I 2te und 3te tatbestandsalternative.

bleibt mir gewogen …
euer kling


Sonntag, 24. Mai 2020

der wucherschlüssel



der fall:

pierrette feiert bei freunden im dorf eine party und kommt nachts auf die idee, nochmal schnell nach hause zu laufen ( don´t drive drunk ! ), um dort ihr saxophon zwecks darbietung eines pete tex medleys in berauschter runde zu holen.

dem alkohol dankend, hängt sie ihren schlüssel an den saxohonständer, packt das sax ein und geht. sie merkt erst spät nachts - genau gesagt vor verschlossener wohnungstür -, daß sie bei ihrer saxBeschaffungsMaßnahme zwar ihren notenschlüssel, aber nicht wieder den haustürschlüssel mitgenommen hat.

selbst ist die frau und schnell die nummer des schlüsseldienstes << zum öffnenden stephane >> gewählt. dieser kommt auch rasch und als berufener türöffner ( selbst ein musiker - natürlich bassist ), öffnet er innerhalb von 5 sekunden mit einem gitarrenplektrum die tür.

den freudigen durakkorden ob des schnellen öffnens der tür folgen schnell düsterste mollklänge angesichts des zu zahlenden salärs, denn stephane, der musikalische türöffner verlangt ( auch unter jazzenden kollegen ) € 300.-- für seine dienste.

pierrette zahlt verstimmt das honorar, beschließt aber, den stephane - sozusagen als schlußakkord - wegen wuchers nach § 291 stgb anzuzeigen !

der staatsanwalt meint ...

liebe pierrette, ich bin deinem problem gegenüber aufgeschlossen. meine überprüfung ergab nämlich, daß diese leistung allenfalls 140.-- wert gewesen wäre. du befandest dich des nächtens in einer zwangslage und stephane als einziger türöffner im und vor ort hat hier deine mißbill ausgenutzt. ich werde deswegen den stephane wegen wuchers verfolgen !

kling sagt ...

so einfach ist das nicht !

das ausgesperrt sein alleine ist zunächst keine zwangslage im sinne des wuchertatbestandes.

erforderlich wäre vielmehr, daß darüber hinaus eine << besondere >> dringlichkeitssituation ( eingeschalteter herd, wasseraustritt oder gesundheitsgefährdende äußere umstände à la eiszapfen im hausflur ) vorliegt, die ein sofortiges erbringen der leistung erforderlich macht. dies ist bei unserer kurzzeitig obdachlosen pierrette nicht der fall.

auch ist pierrette nicht von der leistung des stephane als einzig verfügbarer türöffner abhängig. auch im nachbarort findet sich ein torwächter, so daß hier die wartezeit bis zu dessen eintreffen zumutbar ist ( und was der kostet ist nicht unser problem ). insoweit hat stephane auch die lage der pierrette von dieser warte her nicht ausgebeutet - übrigens weiß der anwalt aus eigener erfahrung, daß es keinen sinn macht, die polizei um hilfe zu bitten; außer villeicht um die telephonnummer eines schlüsseldienstes zu erfragen - aber mit einem dietrich versehen kommen tun sie nicht  ...

und selbstverständlich ist es der pierrette auch zumutbar, sich - wie bei allen rechtsgeschäften - nach den kosten für das öffnen des heimischen hortes zu erkundigen.

richtig ist zwar, daß der wuchertatbestand dann erfüllt wäre, wenn das begehrte türöffnerhonorar das doppelte des ortsüblichen beträgt; aber zunächst nur dann, wenn diese höhere vergütung auch tatsächlich vereinbart ist. hier hat pierrette aber den stephane fernmündlich ( nämlich mit dem herbestellen ) beauftragt und keine besondere vergütung vereinbart.

die << besonderen umstände >>, die das honorar im nachhinein als überzogen darstellen ( und damit den wuchertatbestand erfüllen würden ), liegen aber - zumindest bei pierrette´s nächtlichen musikalischen abenteuer - nicht vor. deswegen sind auch die übrigen tatbestandsvoraussetzungen des § 291 stgb nicht erfüllt.

insoweit muß für den stephane auch keine zellentür geöffnet werden, weil er einen rechtmäßigen werkvertrag geschlossen hat.

bleibt mir gewogen

euer kling

Sonntag, 17. Mai 2020

brennender schnuller oder eltern haften für ihre kinder - wirklich ?



















ab dem 18.05.2020 werden in baden württemberg in unterschiedlichem maß die kindergärten und schulen wieder geöffnet. und damit heißt es

oh je, sie kommen wieder und sind unterwegs !
kleine monster - süß, aber heimtückisch ...

viele eltern schlagen drei kreuze ob der befreiung der mehrwöchigen belagerung, aber werden nun mit dem tatendrang der kleinen befreiten freizeitwütigen konfrontiert.

ein kleines malheur ist schnell passiert und nun ?
die allgemeinen haftungsrechtlichen regelungen sind laienhaft schnell erfasst:
  • unter sieben jahre im wesentlichen nie, außer eltern haben aufsichtspflicht verletzt ... ( ansonsten kein schadenersatz für den geschädigten )
  • rahmen der aufsichtspflicht bestimmt sich nach alter und einsichtsfähigkeit des kindes ... ( konnte kind gefahr erkennen ? )
  • falls kind << alt genug >> möglichkeit der geltendmachung des schadens bis zu 30 jahren ( vergiß dein lehrlingsgehalt )
  • falls man sich dem gemeinschaftlichen basteln durch gewährung des internetzugangs entzogen hat: keine automatische haftung der eltern bei mißbräuchlicher nutzung des internets ( aufklärung genügt auch bei file sharing, downloads, etc )
  • grundsätzlich gelten die umstände des einzelfalles

bleibt mir gewogen ...
euer kling

www.steffenkling.de 

Sonntag, 10. Mai 2020

der golfballtaucher, eine coronamäßige geldstrafe und der eintrag im führungszeugnis ...



der fall:

stephane arbeitet als golfballtaucher in einem golfclub. anläßlich der präsentation  des golfballherstellers kings ( nein nicht kLing und ja, der golfball mit dem werbeaufdruck corona bier ) hat er sich angesichts der bevorstehenden lockerungen von der ungefährlichkeit des corona virus überzeugt und - wie viele andere - jegliche vorsicht fallen lassen und sich in das ( illegale ) getümmel rund um die handicaps geworfen.

ob er sich nun infiziert hat ( denn der virus ist tatsächlich nicht verschwunden ) wollen wir jetzt gar nicht wissen, aber - er wurde erwischt und hat eine geldstrafe von 30 tagessätzen eingefangen ( warum ? lies meinen block << die unbekannte macht des IfSG vom 22.03.2020 ).

es kommt aber, wie es kommen muß - er er muß sich beruflich verändern, denn sein berufsleben als golfballtaucher auf den umliegenden golfplätzen wurde durch den plötzlichen angriff einer aus dem örtlichen zoogeschäft ausgebrochenen und nun im golfplatzsee lebenden schnappschildkröte jäh beendet.

da selbige ein gutes stück seiner hand, ihn aber nicht seines besten stückes beraubt hat, bewirbt er sich bei der firma durex als gefühlsechter kondomtester, schreckt aber vor der länge 50 zurück ( erst später erfährt er, daß damit die länge in worten seiner einzureichenden bewertung gemeint war ).

da er ein frolic(her) mensch ist bewirbt er sich als hundefuttertester und denkt sich, daß er dieses canis(ter)mäßig gegen ein ordentliches jahresgehalt von fast € 40000.— verspeisen kann.

beim vorstellungsgespräch wird er gefragt, ob er bislang strafrechtlich unbescholten ist, insbesondere keinen eintrag in öffentlichen registern hat. den genuß von royalen canin(chen) vor augen verschweigt er, daß er vor kurzem einen strafbefehl von 30 tagessätzen erhalten hat.

unser staatsanwalt wiederum hält als erinnerung an seinen vater einen faltenhund, den er gerne mit shar-pei´ischen delikatessen verwöhnt. beim einkauf im chinesischen dogstore erfährt er von dem inhaber hop sing zufällig von stephane´s neuem job - er erinnert sich, daß er den strafbefehl gegen stephane beantragt hat und zürnt, denn

der staatsanwalt meint …

stephane hat eine strafgerichtliche entscheidung akkzeptiert, die ihren eingang in das bundeszentralregister erfährt. dies hat er gegenüber dem hundebrockenproduzent verschwiegen und sich damit den vorkosterjob in betrügerischer art und weise erschlichen …

kling meint …

so einfach ist das nicht !

richtig ist, daß sämtliche strafgerichtliche entscheidungen ( und nur darum geht es in diesem blog ja ) in das bundeszentralregister eingetragen werden ( § 3 Nr 1 BZRG ).

in dieses bundeszentralregister haben aber nur laienhaft gesprochen behörden einblick ( und informationsrecht ), keinesfalls aber ein arbeitgeber oder ähnliches.

es könnte aber sein, daß unser hundeliebender staatsanwalt das führungszeugnis meint ( §§ 30 ff BZRG ), welches ein arbeitgeber von seinem hundefuttertester verlangen kann.

in dieses führungszeugnis wiederum werden ( soweit es den stephan interessiert ) nur geldstrafen über 90 tagessätzen oder drei monaten freiheitsstrafe eingetragen ( § 32 BZRG ).

hinz, kunz, chappi und co können auf verlangen von stephane einblick in dieses register erhalten, das er auf antrag erhält und dem interessierten hundefütterungsbetrieb vorlegen muß.

er muß sich dann aber auch im falle eines eintrages tatsächlich outen und als vorbestraft bezeichnen.

achtung: sollte sich stephane allerdings als staatlich geprüfter hundefuttertester verbeamten lassen wollen, würde es eng werden, denn die avisierte tätigkeit als beamter erlaubt es, daß die behörde vollumfänglichen einblick in das gesamte bundeszentralregister erhält.

eine kleine ( bauchweh ) verursachende ausnahme ist noch das sogenannte << erweiterte führungszeugnis >>,  welches eintragungen wegen verstößen gegen  - auch hier laienhaft gesprochen - sexualdelikte enthält und insbesondere personen betrifft, die beruflich umgang mit jugendlichen haben.

daß der arbeitgeber hier hundefutter konsumierende welpen unter den begriff des jugendschutzes stellt, erscheint abwegig, so daß stephane - wenn überhaupt - sein führungszeugnis vorlegen muß.

da hier lediglich ein eintrag über 30 tagessätze im bundeszentralregister existiert, wird dieser nicht im führungszeugnis auftauchen und stephane darf sich auch weiterhin als nicht vorbestraft bezeichnen. der staatsanwalt hat deswegen ( wieder einmal ) unrecht.

aber vorsicht:
wenn stephane einen weiteren strafbefehl erhält, wird dieser - auch wenn er unter den 90 tagessätzen liegt - gemeinsam mit dem ersten in das führungszeugnis eingetragen.

also ab dem zweiten strafbefehl werden beide, auch wenn jeweils unter 90 tagessätzen eingetragen mit der folge, daß stephane sich dann als vorbestraft bezeichnen muß.

aber es gibt dann ja auch noch den beruf des achselgeruchstesters, an den - zumindest strafrechtlichen nachweises betreffend - nicht ganz so hohe anforderungen gestellt werden.

nun, bleibt mir gewogen
euer kling