zur zeit liest man es fast täglich in den zeitungen - einmal 15 jahre gesamtfreiheitsstrafe hier, dann ein lebenslang dort und irgendwo liest man was von sicherungsverwahrung.
da kann man schon durcheinanderkommen - was ist es und wie lange ist es denn nun, das lebenslang ?
der (kurz)fall zum einstieg:
stephane hat pierrette ermordet. er wurde nicht von kling verteidigt und letztlich rechtskräftig wegen mordes von dem zuständigen landgericht verurteilt.
er sitzt jetzt schon sechs jahre und möchte nun mal so langsam wieder raus. da er weder mit dem graf von monte christo im chateau d´if noch mit papillon in französisch guayana einsitzt, bleibt ihm der fluchtweg über´s meer versperrt und er wird sich um eine legale entlassung bemühen müssen ...
der staatsanwalt meint ...
nix gibt´s, er - stephane - kommt nie wieder raus, lebenslang ist lebenslang !
kling sagt ...
so einfach ist das nicht !
aber was bekommt man denn nun für einen mord ?
beim streitgespräch am stammtisch hören wir hausmeister krause mit seinem pudel sagen, der kommt ja sowieso nach 15 jahren wieder raus, der arbeitslose dittsche im kiosk'schen morgenmantel wendet ein, der kommt nie mehr raus und ekel alfred tetzlaff redet gar von sicherungsverwahrung - alles quatsch; machen wir uns mal schlau:
im deutschen strafrecht gibt es die zeitige und die absolute strafe - ein sonderfall ist die sicherungsverwahrung ( die eigentlich gar keine haft, sondern eine freiheitsentziehende maßregel ist - ja, so wörter kennen wir im strafrecht )
1) zeitig ist jede freiheitsstrafe, die bis zu 15 jahren im urteilsspruch lautet - mehr geht nicht !
im extremfall ( das problem der gesamtfreiheitsstrafe - kommt in einem anderen post ) kann deswegen zum beispiel selbst der 100fache schwere raub nur mit 15 jahren sanktioniert werden.
oder er bringt schon 14 jahre haft mit und ihm wird eine tat nachgewiesen, die er vor der letzten abgeurteilten tat begangen hat ( ich sage doch, das problem der gesamtfreiheitsstrafe und des strafzusammenzugs kommt noch ... ). auch hier geht insgesamt nicht mehr als 15 jahre ...
vorzeitige entlassungen sind ( in diesem fall der 15 jährigen - zeitigen - gesamtfreiheitsstrafe ) nach der hälfte, also 7 jahren und 6 monaten, oder 2/3, also 10 jahren, möglich.
2) absoulut ist die lebenslange freiheitsstrafe - aber wie lange ist lebenslang ?
lebenslang gibt es nur für bestimmte wenige delikte im strafgesetzbuch, wir nehmen hier mal als klassisches beispiel den mord.
grundsätzlich lautet lebenslang schon lebenslang, aber wie jeder mensch in unserem staat hat nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichtes ( das ist übrigens nicht unser höchstes gericht, sondern ein verfassungsorgan; das höchste deutsche gericht ist der bundesgerichtshof ) auch der mörder das recht irgendwann einmal wieder in freiheit zu kommen.
jetzt weiß man ja nicht, wann bei lebenslang zb die hälfte des ( nach der verurteilung verbleibenden ) lebensweges ist - wird er ( oder natürlich auch sie ) 60, 70 oder nur 40 ?
dies weiß letzten endes nur der liebe gott und der sitzt gerade nicht in der für stephane zuständigen strafvollstreckungskammer ( ja, die entscheidet letzten endes über die vorzeitige entlassung - kannst du auf meiner homepage lesen )
grundsätzlich besteht deswegen bei der lebenslangen freiheitsstrafe nach 15 jahren die ( erste ) möglichkeit, wieder auf freien fuß zu kommen.
nach auffassung vieler für eine solche entscheidung zuständiger strafvoll-streckungskammern ist das mit 15 jahren aber ( noch ) nicht getan, weshalb der durchschnitt der << normalen >> lebenslangen freiheitsstrafe zwischen 17 und 23 jahren liegt.
einem zu lebenslanger freiheitsstrafe verurteilten kann nach verbüßen von 10 jahren haft erstmals urlaub aus dem vollzug eingeräumt werden ( nein, nicht in südfrankreich, aber zB im häuslichen umfeld ).
anders als in amerika kann man in deutschland aber nicht zu << zweimal lebenslänglich >> verurteilt werden. was macht das gericht also zum beispiel bei einem doppelmord ?
hier hat das gericht die möglichkeit, die sogenannte << besondere schwere der schuld >> festzustellen. die schuld dieses täters wiegt nach auffassung des erkennenden gerichtes schwerer als die eines nur << durchschnittlichen >> mörders.
diese feststellung führt dazu, daß der täter nicht sozusagen automatisch in der prüfungsreigen der vorzeitigen entlassung nach 15 jahren kommt, sondern in diesen fällen durchschnittlich zwischen 23 und 25 jahren verbüßt.
im extremfall kann lebenslang aber auch tatsächlich bedeuten, daß der verurteilte in haft sein leben beendet ( so wurde in einer 1998 durchgeführten statistischen auswertung festgestellt, daß jeder sechste zu lebenslang verurteilte auch in haft verstirbt ).
der jugendliche mörder ( 14-18 ) übrigens kann bei verurteilung nach jugendstrafrecht maximal zu zehn jahren freiheitsstrafe verurteilt werden, hier gibt es kein lebenslang. heranwachsende ( 18-21 ) können zwischen 10 und 15 jahre erhalten, im extremfall aber auch lebenslang.
3) sicherungsverwahrung allerdings kann tatsächlich lebenslang bedeuten.
die sicherungsverwahrung wird durch das erkennende gericht neben einer freiheitsstrafe angeordnet und nach verbüßung der strafe vollzogen. sie ist grundsätzlich unbegrenzt und dient dem schutz der allgemeinheit vor gefährlichen straftätern. vor antritt und dann alle zwei jahre wird überprüft, ob die fortdauer der sicherungsverwahrung angemessen ist oder nicht.
aber achtung: die sicherungsverwahrung richtet sich ausschließlich nach der gefährlichkeit des täters und nicht nach der straftat. so muß zum beispiel der mörder nicht zwingend in die sicherungsverwahrung gehen, aber möglicher weise der mehrfache räuber ...
so, jetzt könnt ihr zumindest versuchen, qualifiziert mitzureden,
bleibt mir gewogen ...
euer kling