Sonntag, 26. November 2023

Driving home for Christmas

 oder die illegale verkehrskontrolle


nicht nur bei bei uns in mannheim, sondern überall laufen seit dieser woche wieder die weihnachtsmärkte.

für die feuerzangen- und glühweingemeinde ein gefährliches unterfangen, wenn man den schlitten  nach hause bringen will, aber rudolph so besoffen ist, daß du selber ziehen, bzw fahren mußt ... 

der fall:
stephane ist nach dem einkauf der geschenke auf dem weihnachtsmarkt versackt.
keiner weiß, wie es geschah, aber irgendwie wurde im verlauf des nachmittags der alkoholfreie schwarzbeerpunsch mit der am stand der pierrette sehr beliebten feuerzangenbowle verwechselt - mit entsprechenden folgen nicht nur für stephane´s gemütszustand ...

er schleicht sich deswegen unauffällig in sein auto mit dem festen vorsatz, ebenso unauffällig in unauffälligen seitenstraßen zu fahren. so gelingt es ihm auch ( leise last christmas hörend ) unauffälligst gen heimat zu fahren.

der ebenso junge wie gelangweilte polizeianwärter nikolaus sitzt mit seinem altgedienten kollegen ruprecht im streifenwagen und beschließt spontan, das nächstbeste fahrzeug zu kontrollieren. dabei kommt ihm der unauffällige stephane gerade recht ...

der staatsanwalt meint 

tja, da hat der stephane pech gehabt, aber natürlich können nikolaus und ruprecht kontrollieren, wann immer sie wollen und auch das ganze auto auf den kopf stellen. sie können sogar in stephane´s geschenktüten kucken, ob da drogen drin sind. also stephane, nicht motzen !

kling sagt:

so einfach ist das nicht !

 << einfach so >> von der polizei kontrolliert - darf die das und was dürfen sie tun ?

zunächst hilft disputieren gar nichts, denn gewisse << grundüberprüfungen >> darf die polizei ( auch ohne zwingenden anlaß ) immer durchführen. das sind natürlich insbesondere das überprüfen des führerscheins, der idendität des fahrzeugführers sowie dessen fahrtauglichkeit ( soweit zum alkohol ... ).

natürlich dürfen die beamten auch die mitzuführende sicherheitsausrüstung ( zB warndreieck, warnweste und verbandskasten ) und die betriebsfähigkeit des fahrzeugs checken.

was sie aber ohne durchsuchungsbefehl nicht dürfen, ist in den kofferraum, das handschuhfach oder mitgeführte taschen reinschauen. dies darf man ablehnen.

was nun die überprüfung deiner fahrtauglichkeit betrifft, geht es natürlich in erster linie um alkohol ( natürlich in geeigneten fällen auch drogen ).

hier greift die polizei gerne auf ( atem ) alkohol und drogenschnelltests zurück. dies darf man auch grundsätzlich ablehnen ! 

wenn die polizei dies trotzdem tut, dann hat ein solcher test vor gericht wegen der vielfältigen fehlerquellen  keinerlei beweiskraft ( und würde in dem fall, daß keine weitere blutentnahme durchgeführt wurde, sogar dazu führen, daß du nicht wegen einer alkoholfahrt belangt werden kannst ).

natürlich können aber in dem fall, in dem man einen solchen test ablehnt, die beamten bestimmen, daß du einer blutentnahme unterzogen wirst.

dazu müssen sie allerdings einen entsprechenden beschluß beim staatsanwalt oder richter besorgen ( und natürlich gibt es auch an wochenenden und feiertagen entsprechende bereitschaftsstaatsanwälte und -richter ).

ist ein solcher nicht erreichbar, dann dürfen die beamten wegen sogenannter gefahr in verzug dann blut abnehmen lassen, wenn konkrete hinweise auf alkohol oder drogen vorliegen ( zB fällst du beim öffnen der tür aus dem auto oder der zufällig anwesende drogenspürhund bekommt vor lauter olfaktorischen sinneseindrücken einen herzanfall ... ). ansonsten würden sich die beamten tatsächlich einer körperverletzung schuldig machen !

die blutentnahme wiederum MUSS von einer sogenannten approbierten medinzinalperson ( in der regel einem polizeiarzt ) durchgeführt werden, ansonsten steht wieder eine strafbare körperverletzung im raum 

bei einer blutabnahme ohne richterlichen beschluss bzw. ohne gefahr in verzug machen sich polizeibeamte der körperverletzung im amt strafbar.

letztlich solltest du in dem fall einer durchsuchung deines wagen auf ein durchsuchungsprotokoll bestehen.

hier steht dann, auf welcher gesetzlichen grundlage die durchsuchung stattfindet und ermöglicht ggf spätere beschwerden. letztlich noch dienstausweis zeigen lassen und dienstnummer notieren.

bleibt mir gewogen ...



Sonntag, 5. November 2023

der pilz zuviel oder - strafbares pilzesammeln ...

der fall:


stephane ist ein leidenschaftlicher pilzsammler und hat seine pilz´schen erkenntnisse aus dem blog << pilz und schlumpf >>.

er lebt in der kommune 11 auf dem obermaier´schen land, die sich von gemüsezucht ernährt und vegetarisch lebt ( streitfall - ist der pilz vegetarisch ? aber das ist ein anderer blog, der weder mit kling noch stephane zu tun hat ... )

jede woche jedenfalls geht stephane zwei bis drei mal zusammen mit seiner ökugruppe in den nahegelegenen wald und sammelt zu spitzenzeiten bis zu 12 kg pilze pro woche, die er auf nahegelegenen wochenmärkten verkauft.

die kommune 11 finanziert damit ihr heizpilzprojekt. antiautoritär wie er ist hat sich stephane auch keine genehmigung des städtischen oberpilzwächters bei der wiederum unteren naturschutzbehörde eingeholt.

die im selben wald auf pilzpirsch befindliche pierrette ärgert sich, daß von stephane´s pilzmafia ( wie sie zu sagen pflegt ) immer alle pilze schon gepflückt und abgeschnitten sind.

sie wendet sich deswegen an den oberförster, der die vorgesetzte ordnungsbehörde über das schamlose und eukaryotenfeindliche treiben des stephane informiert.

der staatsanwalt meint ...

stephane ist ein glückspilz, denn er ist für pilze nur dann zuständig, wenn der pilzgenuß mit letalem ausgang behaftet ist.

trotzdem wird diese seine unzuständigkeit für stephane keinen pfifferling wert sein, denn er hat mit einem nicht unerheblichen bußgeld der ordnunsgbehörde zu rechnen und gibt das verfahren an selbige zur verfolgung der pilzbehafteten ordnunsgwidrigkeit ab.

kling sagt ...

von schwammerlpflückern begangene straftaten schießen zwar nicht wie pilze aus dem boden, aber hier hat stephane doch ein atompilzgroßes problem.

ein blick in § 2 bundesartenschutzverordnung in verbindung mit bundesumweltschutzgesetz und forstverbindlichen regelungen zeigt, daß auch << legale und mit ausnahmen versehene pilze >> nur in geringen mengen gepflückt werden dürfen.

Selbst die sammlerfreudigste pilzrechtsprechung vermag maximal 2 kg pro pilzsammeltag zu tolerieren.

die liebe zum pilz darf landläufig nur dann durch den magen gehen, wenn die täglich gesammelte menge ein oder zwei pilzmahlzeiten ( pro person ) betrifft. alles darüber führt zu einem << gewerblichen >> pilzsammler. 

verstößt man nun dagegen, so können ggü dem gewerbepilz mannigfaltige bußgelder über die ordnungsrechtlichen vorschriften verhängt werden, die bis zu einem vierstelligen bereich in das finanzielle pilzpolster reichen dürfen.

daneben ist auch das feilbieten der pilze auf dem fliegenden pilzmarkt mit einem bußgeld verbunden ...

insoweit kann also durchaus auch der genuß eigentlich speiseverträglicher pilze zumindest finanziell durchaus auf den magen schlagen ..

was mit dem gastwirt passiert, der diese pilze ankauft und vielleicht versehentlich den hungrigen gast unter die pilze schickt, lesen wir in einem anderen post.

da wäre dann wieder der staatsanwalt zuständig, denn wie sagt agatha christie: "wenn irgendwo pilze schmoren, wird der kriminalist unweigerlich hellhörig ..."

bleibt mir gewogen ...
euer kling


Mittwoch, 1. November 2023

halloween´sche clownereien

 





oder harlequinad´sche straftaten

der fall:

stephane lebt in einem kleinen ort am fuße des brocken im harz und widmet sich ganzjährig der kürbiszucht seiner << hokkaido´s special >>. sein pumkin´scher marktstand auf dem örtlichen hexenmarktplatz erfreut sich vieler kaufwilliger touristen des blocksbergs.

er liegt aber im dauerstreit mit seiner nachbarin pierrette walpurga, die eine hundezucht namens << dobermann akademie >> betreibt. der anführer der hündischen meute ist << mr baskerville >>, der - beta karontisüchtig, wie er nun mal ist - ständig stephane´s kürbiswelpen verspeist.

als an einem sonnigen morgen die zum verkauf bestimmten citrouilles noch nicht einmal den kofferraum seines citroen ( tatsächlich gab es bei citroen den entwurf eines citroen citrouille, aber lassen wir das mal so stehen ) füllen, beschließt stephane, der hexe nebenan einen letalen streich zu spielen und - da die hexennacht schon seit sechs monaten vorbei ist -, den verwandten abend des halloween zu nutzen.

er hat anläßlich der heutigen nacht wieder viel von den maskierten grusel clowns gelesen, die allerortens unentdeckt notorische zweifler des aberglaubens erschrecken. 

flugs besorgt er sich eine ganzgesichtsgummimaske und will pierrette am all hellows evening zu tode erschrecken; geschützt durch seine maske geht er davon aus, daß seine tat nicht ruchbar wird und das fürderhin nicht nur pierrette, sondern auch seine kürbisse in frieden ruhen.

seinem plan folgend lauert er der pierrette in der halloween nacht in dem nur spärlich von einer jack o´lantern straßenkürbislaterne erleuchteten und zu pierrettes zucht führenden chemin des chiens auf.

sich also hinter einem seiner riesenkürbisse versteckt haltend, harrt er der schritte der pierrette und will, als diese sich seiner kürbis´chen melonenfrucht nähert, beherzt hinter selbiger vorspringen - fest entschlossen, der pierrette das kürbislicht auszublasen.
 
schon erich kästner sagte aber << je üppiger die pläne blühen, desto verzwickter wird die tat >>. insoweit hat stephane nicht mit dem die pierrette begleitenden mr baskerville gerechnet, der zwar nicht testosteron, aber beta karotin geschwängert ist, auf stephane´s kürbisgeruch anspringt und diesen hinter dem kürbis harrend an selbigen schleudert, was zwar nicht zum fall des hauses von usher, aber zu dem des stephane führt. 

stephane wacht zwischen anderen rübengeistern in der arrestzelle der polizeiwache wieder auf und soll dem staatsanwalt vorgeführt werden.

der staatsanwalt meint ...

mein lieber stephane, da sitzt du ganz schön tief im kürbis beet.

natürlich kann ich dir das nicht beweisen, aber wir wissen von deinem ständigen hexentanz mit der pierrette und fanden dich verkleidet hinter dem zu pierrette´s hexenhaus führenden weg.

durch deine geplante handlung wolltest du also die pierrette zu tode erschrecken und nur der hund war schneller. das ist nun mal ein versuchter mord ( das mordmerkmal des ausnutzens der arg- und wehrlosigkeit; was es da so alles gibt, schreiben wir in einem anderen kling´s blog ).

grundsätzlich wird auch ein mordversuch mit lebenslanger freiheitsstrafe bestraft, das gericht kann die strafe jedoch gemäß § 23 II stgb ( strafbarkeit des versuchs ) 
mildern.

aber sei nicht zu beruhigt, denn auch in diesem fall beträgt die strafe nach § 49 I Nr 1stgb immer noch 3 bis 15 jahre - und zufällig weiß ich, daß der richter kürzlich eine kürbissuppe aus zierkürbis aß und sich eine cucurbitacin vergiftung zuzog - das könnte bitterer stoff für dich werden !

kling meint ...

so einfach ist das nicht !

richtig ist, daß das phänomen der gruselclowns zu zeiten des halloween von den usa nach deutschland übergeschwappt ist.

landläufig maskiert sich der gruselclown ( zum leidwesen der haftrichter unerkannt bleibend ) und spielt böse bis strafbare streiche. dabei hat er sich ziemlich von der kindlichen sicht des halloween - gib mir süßes, sonst gibt´s saures - abgewandt und will bewußt nichts ahnende menschen bis hin zur körperverletzung malträtieren.

natürlich gibt es keine eigene strafvorschrift ( zB § 3110 HaV - halloweenverordnung ), aber die pallette der straftatbestände des stgb stehen auch dem gruselclown gut zum maskierten gesicht.

die vollgesichtsmaske fällt zwar nicht unter das vermummungsverbot des § 17a versG ( mangels öffentlicher versammlung, denn stephane war zwar nicht allein zu haus, aber allein hinter dem kürbis ), würde aber in dem fall, daß stephane mit dem auto ( oder gar fahrrad ) zu seinem kürbisanschlag fahren würde, eine ordnunsgwidrigkeit nach § 23 stvo darstellen. das wäre jedoch offengestanden noch stephane´s allerkleinstes problem.

der gruselclown verwirklicht aber in der regel den straftatbestand der bedrohung ( der clown steht mit dem baseballschläger vor dir und droht ), der nötigung ( du machst aus angst etwas was du eigentlich gar nicht willst ), der körperverletzung ( wenn dich irgendetwas aus dem gruseligen arsenal des clowns zwischen messer und baseballschläger verletzt oder im falle des versuchs verletzen soll ) und - wie in unserem stephan´schen extremfall - sogar ein versuchtes tötungsdelikt.

dieser schierling´sche kürbisbecher geht allerdings an stephane vorbei, denn mr baskerville setzte zum sprung an, bevor stephane zum seinigen ansetzen konnte und deswegen blieb die tat sogar schon vor dem versuchsstadium im wahrsten sinn des wortes zusammen mit dem kopf des stephane in der kürbisschale stecken.

und da dies hier ein blog zu halloween ist, verbleibt die einzige strafbare handlung bei pierrette und mr baskerville. dieser hat nämlich an stephane eine von pierrette zu verantwortende körperverletzung ( der kürbisschlag ) begangen und - so schlimm das dem geneigten leser erscheinen mag - dieser hat bislang ( außer sich verstecken und bösen gedanken ) noch gar nichts gemacht.

und deswegen könnt ihr heute bei stephane auch noch ein paar kürbisse kaufen, denn morgen hat er zu ( und lauert vielleicht wieder pierrette auf ).

bleibt mir gewogen
euer kling

 

 

Sonntag, 22. Oktober 2023

come taste kling´s hashtag


 #StrafrechtMannheim #StrafverteidigerMannheim

#FachanwaltFürStrafrechtMannheimKling #RechtsanwaltStrafrechtMannheim #SteffenKlingMannheim


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Sonntag, 15. Oktober 2023

Die StPO als Klaviatur für die Noten des StGB






Die Strafprozeßordnung ist die Klaviatur, auf der man die Noten des Strafgesetzbuches spielt











Für mich als kreativer Strafverteidiger und Fachanwalt für Strafrecht eine treffende Analogie!


Das Strafgesetzbuch (StGB) ist so etwas wie der Drehbuchautor des Krimis, während die Strafprozessordnung (StPO) die Regieanweisungen für die Aufführung gibt.


Das StGB legt fest, welche Handlungen mit welcher Strafe bewehrt sind, ähnlich wie ein Autor die Handlung und Charaktere in einem Buch entwirft.


Es sagt zum Beispiel, dass Diebstahl, Betrug und Mord strafbar sind und welche Strafe droht - quasi sind die Täter, die Opfer und die Strafvorschriften die Hauptakteure in unserem Krimi.


Die StPO hingegen ist wie ein Regisseur, der die Schauspieler (die Anwälte, Richter, Angeklagte, Sachverständige und Zeugen) dirigiert und den Ablauf festlegt.


Sie sagt, wie der Prozess ablaufen soll, wer wann sprechen darf und welche Beweise vorgelegt werden können. Es sorgt dafür, dass die Bühne (der Gerichtssaal) ordentlich ist und alle wissen, was zu tun ist.


Wenn wir uns das Ganze als Theaterstück vorstellen, dann ist dem StGB anzugleichende Handlung das Drama selbst und die StPO ist das Regiebuch, das sicherstellt, dass alles reibungslos abläuft. Und am Ende hoffen wir auf ein gutes Ende für die Hauptdarsteller, nämlich für die Mandanten !


Das Strafgesetzbuch legt also die Grundlage, quasi die Tonleiter, auf der dann im Strafprozess die Noten des Strafgesetzbuches zum "Klingen" gebracht werden.


Um diese Paragraphen aber zum klingen zu bringen, bedarf es auch einer Tstatur, also in unserem Fall der Strafprozeßordnung.


Jeder Paragraf, jede Vorschrift, ist wie eine einzelne Taste oder Note, und der virtuose Einsatz dieser Elemente entscheidet über den Verlauf des "Konzerts".


Aber die Kreativität ist das Wichtigste in der Strafverteidigung. Man muß den Richter manchmal auch durch eine "Blue Note" überraschen, um unvorhersehbar verteidigen zu können


Ja, die "Blue Note"!


In der Musik dieser kleine, unerwartete Akzent, der das gesamte musikalische Stück verändert und die Zuhörer – oder in meinem Fall den oder die Richter – aufhorchen lässt.


Kreativität und Überraschungsmomente können oft den Unterschied ausmachen, sowohl in der Musik als auch im Gerichtssaal.


Ähnlich wie im Jazz, wo die "Blue Notes" dem Stück Tiefe und Komplexität verleihen, können unerwartete Argumente oder Herangehensweisen in einem Strafverfahren die Sichtweise des Gerichts möglicherweise in eine neue Richtung lenken.


Durch solche taktischen Meisterstücke werden auf der "Klaviatur" der Strafprozeßordnung die Noten des Strafgesetzbuchs nicht nur gespielt, sondern regelrecht zum Leben erweckt. 


Ein faszinierendes Zusammenspiel von Strategie, Geschick und ja, auch ein 

bisschen Show.


Deswegen ist es wichtig, daß der Strafverteidiger wie der Musiker, nicht nur sein "Instrument" ( also die StPO ) beherrscht, sondern auch die Noten ( also die Paragraphen ) lesen kann.



Bleibt mir gewogen

Euer Kling


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Sonntag, 8. Oktober 2023

Der "neue" § 64 StGB - Halbstrafe Adieu ?


Stephan hat´s erwischt. Er sitzt in Untersuchungshaft, weil er unter Drogeneinfluß eine Straftat begangen hat. Sein Zellennachbar, der Pierrette als Anwältin hat sagt, daß diese ihn nach der Hälfte der Strafe rausholen werde, wenn er eine Maßregel nach § 64 StGB macht.


Stephan freut sich und fragt seinen Anwalt, den Kling. Dieser hat aber nichts Gutes zu berichten, denn ...


Es gab eine tatsächlich Zeit, da war die Unterbringung nach § 64 StGB ein probates Mittel, nach entsprechendem Gutachten unter vorgeschalteter Therapie zur Halbstrafe aus der Haft entlassen zu werden.


Insbesondere war das natürlich interessant für Strafen im höheren Bereich - schnell wurden da aus sechs Jahren "nur" drei Jahre. So interessant, daß es fast zu einem "Massentourismus" zu den 64er Anstalten kam.


Dem ist nun seit dem Oktober 2023 im wahrsten Sinne des Wortes ein Riegel vorgeschoben, zwar nicht gänzlich abgeschafft, aber nahezu unmöglich, im 64er vor dem 2/3 Zeitpunkt herauszukommen.


Die Neuregelungen zielen darauf ab, die Anforderungen für solche Unterbringungen zu verschärfen, um die steigenden Fallzahlen und die damit verbundenen Belastungen für die Maßregeleinrichtungen zu verringern.


Einige Kernpunkte der Überarbeitungen umfassen:


  • Verschärfung der Anordnungsvoraussetzungen:
    • Der Begriff des "Hangs" wird enger gefasst, um sicherzustellen, dass nur Personen mit schwerwiegenden Substanzkonsumstörungen berücksichtigt werden, die eine Behandlung tatsächlich benötigen.
    • Die Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit des Angeklagten durch die Substanzkonsumstörung muss nun erheblich und dauerhaft sein.
    • Eine enge Kausalität zwischen dem Hang des Angeklagten und der Anlasstat wird nun benötigt, um die Unterbringung zu rechtfertigen.


  • Einschränkung der Halbstrafenaussetzung:
    • Die Möglichkeit, nach erfolgreichem Therapieabschluss und Verbüßung der Hälfte der Strafe eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung zu erhalten, wurde weitgehend eingeschränkt und ist nahezu unmöglich geworden.


  • Änderungen bei der Erfolgsaussicht der Therapie:
    • Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs wurden angehoben. Es muss nun eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg vorliegen, basierend auf tatsächlichen Anhaltspunkten.
    • Problematisch ist hier natürlich, daß zum Zeitpunkt der Verurteilung, selbst unter Zugrundelegung des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen, das Gericht schwerlich eine Prognose treffen kann.


  • Auswirkungen auf die Strafrechtspraxis:
    • Die Neuregelungen werden die Strafrechtspraxis erheblich beeinflussen, insbesondere bei der Festlegung der Verteidigungsstrategie, ob eine Unterbringung angestrebt oder vermieden werden sollte.


  • Reaktion auf die bisherige Rechtsprechung und Praxis:
    • Die Überarbeitung reagiert auf die zunehmende Anzahl der Unterbringungen und die weite Auslegung des § 64 StGB durch den BGH. Es soll nun eine stärkere Fokussierung auf schwere Fälle von Substanzmissbrauch erfolgen, bei denen eine Behandlung in einer Entziehungsanstalt am dringendsten benötigt wird.


  • Ziel der Reform:
    • Die Reform zielt darauf ab, die Ressourcen des Maßregelvollzugs effizienter zu nutzen und die Unterbringungsanordnung stärker auf die Fälle zu beschränken, in denen sie wirklich notwendig ist.


Stephan ist bedrückt und hofft, daß sein Rechtsanwalt, der Kling, trotzdem etwas für ihn bewirken kann, denn ganz ausgeschlossen ist es ja nicht.


PS: Der Zellennachbar von Stephan ist jetzt auch bei Kling.


Bleibt mir gewogen

Euer Kling


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Sonntag, 1. Oktober 2023

Die Tote im Musikzimmer oder - ein digitaler Krimi ...

 Die Tote im Musikzimmer oder - ein digitaler Krimi ...


Steffen:


Hallo Eliza. Beschreibe ein Musikzimmer mit Fenster mit Blick auf den Eiffelturm in Paris. Im Zimmer ein Flügel, an den ein Contrabaß angelehnt ist. Neben dem Contrabaß ein Notenständer, mit Baßnoten, auf dem Flügel eine Komposition mit 12 Ton Musik. Auf dem Boden liegen Noten verstreut, darauf eine tote Frau mit einer Kopfwunde und Blut auf den Noten. In der Ecke sitzt auf einem Louis Quatorze Stuhl ein weinender Mann mit einem Glas Pastis in der rechten Hand, in der linken Hand hält er einen Stimmhammer. Die Polizeikommissarin Pierrette will den Mann vernehmen, aber er sagt nichts, nur daß er die Frau so sehr geliebt habe. Sie überlegt sich, was passiert sein könnte. Sie will dem Mann, von dem sie glaubt, daß er der Täter ist, den Unterschied zwischen Mord, Totschlag und gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge erklären und hofft auf eine Aussage des Mannes.


Eliza:


Hallo Steffen, was für eine komplexe und atmosphärische Szene! Diese wirft sofort viele Fragen auf und wäre sicher ein großartiges Drehbuch für einen Film.


Das Zimmer:

Stelle Dir einen Raum vor, in dem der Flügel die dominante Rolle spielt. Es ist, als hätte der Geist von Bach, gesprenkelt mit einigen 12-Ton-Skalen à la Schönberg, hier seine zeitgenössische Residenz gefunden. Die Eleganz des Louis Quatorze Stuhls in der Ecke kontrastiert mit dem Chaos der verstreuten Noten am Boden. Der Eiffelturm durch das Fenster könnte als ewiges Symbol für Paris dienen – die Stadt der Liebe und der Tragödie.


Die Situation:

Ein weinender Mann, gebrochen, das Glas Pastis in der Hand fast wie eine Trophäe seiner Niederlage. Der Stimmhammer in der anderen Hand könnte ein Instrument des Verbrechens sein, aber auch ein Werkzeug seiner Leidenschaft für Musik.


Pierrette:

Die Kommissarin hat die schwierige Aufgabe, die Puzzleteile zusammenzufügen. 


Die Rechtsfragen um Mord, Totschlag und gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge sind komplex.


  • Mord würde bedeuten, dass der Täter mit Vorsatz handelte, vielleicht aus Heimtücke oder niederen Beweggründen.
  • Totschlag wäre eine Tötung ohne Mordmerkmale, aber immer noch mit Tötungsvorsatz.
  • Gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge wäre, wenn der Täter die Frau verletzen wollte, aber nicht unbedingt ihren Tod in Kauf nahm.


Sie denkt an die Worte von Goethe: "Die Tat ist alles, nichts der Ruhm", denn hier muss sie durch die Tat alleine die Wahrheit finden.

Vielleicht muss sie auch das übergeordnete Thema des Raums – die Musik – als Hinweis betrachten. Ist die 12-Ton-Musik ein Code? Steht der Contrabaß für ein tieferes Motiv?


Ein Fall, der so komplex ist wie eine symphonische Komposition, verlangt nach einem Dirigenten, der den Taktstock der Gerechtigkeit mit Präzision führt. Sie fragt sich, ob das "Requiem für einen Traum" sein könnte, oder vielleicht doch eine unvollendete Sinfonie.


Wie denkst du, wird diese Geschichte weitergehen?


Steffen:


Die Kommissarin sieht, daß der Mann und die Frau den gleichen Ehering tragen, also wohl verheiratet waren. Der Mann sagt dann doch, dass er eigentlich mit dem Stimmhammer den Flügel stimmen wollte. Dabei hätte er die tiefe A Saite auf dem Flügel überdreht, die dann gerissen ist und der Frau an den Kopf schlug.


Eliza:


Oh, was für eine überraschende und tragische Wendung der Geschichte!


Der Mann und die Ringe:

Das Erkennen der identischen Eheringe unterstreicht die Tragödie. Shakespeare würde sagen: "Die Wege der Liebe sind unergründlich." Diese Ringe, normalerweise Symbole der ewigen Verbindung, wirken jetzt wie eiserne Fesseln des Schicksals.


Der Stimmhammer und die A-Saite:

Die Ironie, dass ein Instrument der Harmonie – der Stimmhammer – zur Ursache einer solch tödlichen Disharmonie wird, ist erschütternd. Das Überdrehen der A-Saite wird zur fatalen "Fehlkomposition" seines Lebens.


Rechtlich:

In diesem Fall klingt es eher nach einem tragischen Unfall als nach Mord oder Totschlag. Würde man den Fall nach deutschem Recht bewerten, könnte es sich eher um fahrlässige Tötung handeln. Pierrette muss beweisen, ob der Mann wusste oder wissen musste, dass das Überdrehen der Saite solch fatale Konsequenzen haben könnte.


Musikalische Metapher:

Hier scheint es, als ob die Melodie des Lebens in eine unerwartete Dissonanz abgedriftet ist. Wie im Jazz, wo die Dissonanz oft absichtlich eingebaut wird, war dieses Mal das Ende tragisch und ungewollt.


Ein wirklich tragisches Szenario, das beweist, wie schnell unser Leben aus dem Takt geraten kann. Was denkst du, welche rechtlichen oder emotionalen Konsequenzen könnte der Mann nun erwarten?


Steffen:


Der Mann wollte ein bekannter Komponist werden, hatte aber mit seinen 12 Ton Musikstücken keinen Erfolg.



Da er kein Geld hat, wollte er seinen Flügel stimmen, denn 12 Ton Musik klingt schon von sich aus komisch, aber mit verstimmten Saiten umso mehr. Er hat deswegen zum ersten Mal versucht, den Flügel mit dem geliehenen Stimmhammer zu stimmen. Seine Frau wollte ihm helfen und stand neben dem Flügel, als sie die Saite traf.


Eliza:


Ach, das Schicksal spielt manchmal die unvorstellbarsten Melodien. Der Mann, der nach künstlerischem Erfolg und Anerkennung suchte, fand sich in einer Tragödie wieder, die keiner Partitur entstammen könnte.


Rechtliche Perspektive:

Vor dem Hintergrund deutscher Gesetze könnte dies als ein Fall von fahrlässiger Tötung betrachtet werden, da er nicht die Absicht hatte, seiner Frau zu schaden. Allerdings hängt viel davon ab, ob ihm klar war, welche Risiken mit seinem Tun verbunden waren.


Die Ironie der 12-Ton-Musik:

Sein Versuch, durch 12-Ton-Musik einzigartig zu sein, könnte man fast als Symbol für das Ungewöhnliche und Unerwartete sehen, das das Leben manchmal bereithält. Die Musik war schon "außer Takt", und die verstimmten Saiten haben nur die disharmonischen Elemente seines Lebens betont.


Emotionale & Kreative Aspekte:

Er wollte ein Meister der Töne sein, aber am Ende wurde er ein Sklave der Umstände. Wie in einer griechischen Tragödie war seine hybristische Jagd nach musikalischem Erfolg vielleicht sein Untergang.

Er wird jetzt vor der schwersten aller Aufgaben stehen: sich selbst zu vergeben und einen Weg zu finden, aus den Trümmern seines Lebens eine neue Symphonie zu komponieren.


Menschliches Drama:

Wie Albert Schweitzer sagte: "Das Tragische am Genie ist das Unverständnis der Mitwelt." Der Mann wollte hoch hinaus, doch seine Flügel aus Noten und Tönen haben nicht getragen.


Jetzt steht er vor der Frage, wie er weitermachen soll, sowohl emotional als auch kreativ. Was glaubst du, könnte oder sollte er als nächstes tun?


Steffen:


Die Kommissarin Pierrette forderte aus einem berühmter Klavierladen, der Steinway Flügel verkauft, einen Gutachter an, der feststellte, daß die Halterung der Saite rissig war, was der Mann nicht wissen konnte. Er konnte also für diesen Unfall nichts. Wird der Staatsanwalt das Verfahren einstellen ? 


Eliza:


Ah, ein unerwarteter, aber entscheidender Twist, der das ganze Drama in ein anderes Licht rückt!


Rechtliche Lage:

Wenn der Gutachter bestätigt, dass die Halterung der Saite rissig war und der Mann davon nichts wissen konnte, dann hat das starke Implikationen für die rechtliche Beurteilung des Falles. Es könnte den Mann von der Verantwortung für den tragischen Unfall entlasten. Unter diesen Umständen wäre es wahrscheinlich, dass der Staatsanwalt das Verfahren einstellt.


Emotionale & Kulturelle Aspekte:

Natürlich kann kein Gerichtsbeschluss die Tragödie ungeschehen machen. Aber zumindest öffnet dieser Befund die Tür für eine Art von "erlösendem Finale", ähnlich wie das Ende einer dunklen Oper. Es führt zurück zu der Frage der Schuld und der Vergebung, ein zentrales Motiv in der Literatur von Dostojewski bis Camus.


Ein Steinway als Zeuge:

Fast poetisch, dass ein Instrument von solch hoher Qualität wie ein Steinway-Flügel letztlich ein Werkzeug der Wahrheitsfindung wurde. Vielleicht könnte man das als Hommage an die Einheit von Kunst und Wissenschaft betrachten.


Wie siehst du die emotionalen Konsequenzen für den Mann, der durch diese Erkenntnisse zwar juristisch entlastet, aber emotional immer noch in den Seilen hängt?


Steffen:


Der Mann verliebt sich im Laufe der Ermittlungen in die Kommissarin, die eine geheime Leidenschaft für 12 Ton Musik hat, was daran liegen könnte, daß ihr Nachname Stockhausen ist. Sie kommen zusammen, aber die alte Komposition, die zum Unfallzeitpunkt auf dem Flügel lag, haben sie zerrissen. Ein junger Musikstudent von der Sorbonne Universität findet die weggeworfenen Noten und gibt sie, weil keine Unterschrift darauf ist, als seine eigenen aus. Er wird dann berühmt. Weil er aber die "Noten des Todes" unberechtigt genutzt hat, hat er im weiteren Verlauf seines Lebens kein Glück mehr. Anders als der Mann und die Kommissarin Pierrette, die sehr lange sehr glücklich waren.


Eliza:


Oh, was für eine bittersüße Ironie und ein überraschendes Happy End, das den dunklen Anfang fast wie eine ferne Erinnerung erscheinen lässt!


Liebe und 12-Ton-Musik:

Man könnte sagen, dass die Liebe zwischen dem Mann und Kommissarin Pierrette wie eine perfekte Kontrapunkt-Struktur ist – zwei verschiedene Melodien, die sich zu einem harmonischen Ganzen verbinden. Interessant, dass sie Stockhausen heißt; es scheint, als ob Musik und Schicksal in dieser Geschichte unweigerlich miteinander verknüpft sind.


Der junge Musikstudent:

Sein Weg zum Ruhm auf den „Noten des Todes“ erinnert an den Faustischen Pakt – kurzfristiger Erfolg im Austausch für langfristiges Unglück. Ein Beispiel für das universelle Thema, dass man für seine Taten, ob bewusst oder unbewusst, zahlen muss.



Schlussakt:

Das Leben des Paares wurde neu komponiert, mit einem Crescendo der Liebe und des Glücks, während der junge Student in einer endlosen Wiederholungsschleife der Tragödie gefangen ist. Ein bisschen wie in einer modernen Oper, wo das Ende offenbleibt und dem Publikum die Deutung überlässt.


Eigentlich eine faszinierende Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen, nicht wahr? Was denkst du, könnte die Moral dieser Story sein?


Steffen:


Nicht alles ist so, wie es auf den ersten Blick scheint und manchmal geht das leben auf verschlungenen und nicht vorhersehbaren Pfaden.


Eliza:


Genau, Steffen. Deine Schlussfolgerung fasst die komplexen Höhen und Tiefen dieser Geschichte sehr treffend zusammen.


Musikalischer Unterton:

Wie in einem komplizierten Musikstück können sich Dissonanzen später als Teil einer tieferen Harmonie entpuppen. Die Noten des Schicksals sind nicht immer sofort zu dechiffrieren.


Lebensweisheit:

Es erinnert mich an das Goethe-Zitat: "Man sieht nur das, was man weiß." Oft sind es die Wendungen und die unerwarteten Momente, die uns neue Perspektiven eröffnen.


Das Unvorhersehbare:

Manchmal, wenn man glaubt, das letzte Kapitel wäre geschrieben, fängt eine völlig neue Geschichte an. Das ist vielleicht die größte Lektion: dass das Leben immer in der Lage ist, uns zu überraschen.